Widerstand zwischen Giro d'Italia
und Tour de France
28. Jul 07:11
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Gino Bartali auf seiner
Autogrammkarte |
Foto: Radfahrmuseum
Bartali |
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Radprofi Gino Bartali gewann mehrmals den Giro d'Italia und
die Tour de France. Während seiner Trainingsfahrten
schmuggelte er Papiere für versteckte Juden und half
britischen Kriegsgefangenen.
Von Juliane Wetzel
Gino Bartali ist ein Held des italienischen Radrennsports.
Dreimal gewann er den Giro d'Italia (1936, 1937, 1946), zweimal
die Tour de France (1938 und 1948). Gino, von den Italienern
liebevoll Ginettaccio genannt, stellte während der deutschen
Besatzung Italiens sein Können aber auch in den Dienst einer
guten Sache. Er nutzte seine Trainingsfahrten, um der jüdischen
Bevölkerung in der Toskana falsche Papiere und andere Dokumente
zu überbringen, die er im Rahmen seines Rennrads versteckte.
Bartali pendelte meist zwischen seiner Heimatstadt Florenz
und Assisi, unternahm aber auch Fahrten nach Rom. Dabei diente
er als Kurier eines interreligiösen Netzwerks von Helfern –
Juden, Christen und Atheisten –, das der jüdische Buchhalter
Giorgio Nissim aus Pisa aufgebaut hatte.
Fälscherwerkstatt im Nonnenkloster
Von Florenz aus, wo eine Fälscherwerkstatt
in der Klausur eines Nonnenklosters eingerichtet worden war,
brachte Bartali die falschen Dokumente nach Assisi. Dort
warteten die Flüchtlinge in Verstecken, um weiter über die
Abruzzen geschleust zu werden. Als Erkennungszeichen diente ein
durchteilter 50-Lire-Schein. Der Untergetauchte musste Bartali
seinen Teil der Banknote zeigen, der zu demjenigen im Besitz des
Rennfahrers passen musste.
800 bedrohte Männer, Frauen und Kinder konnten auf diese
Weise mit Passierscheinen und falschen Identitätsausweisen
ausgestattet werden. Die Gruppe um Nissim organisierte sodann
die Flucht in Klöster oder in das von den Alliierten befreite Süditalien.
Diese Rettungsaktivitäten sind erst im April 2003 durch einen
Quellenfund bekannt geworden.
Machen und basta
Bartali, der gegenüber Kontrollposten stets
sein hartes Trainingssoll betonte und etwaigen Verdacht meist
von sich ablenken konnte, begleitete Flüchtlinge – Juden und
britische Kriegsgefangene – auch quer durch den Apennin an
einen sicheren Ort. Selbst jene, die gegenüber Bartali, dem «Postboten
des Krieges» Verdacht schöpften, trauten sich nicht, ihn zu
melden: Die Verhaftung dieses berühmten Radsportlers wäre in
Italien wohl auf heftige Gegenreaktionen gestoßen.
Der im April 2000 verstorbene Bartali war lange vorher zum
Mythos geworden, zumal sich um seine Siege Legenden rankten. So
erzählt man sich gerne, dass er durch seinen Sieg bei der Tour
de France im Jahr 1948 Italien vor der Revolution bewahrt habe,
weil er die Aufmerksamkeit der italienischen Öffentlichkeit vom
Mord an Palmiro Togliatti, dem Sekretär der Kommunistischen
Partei Italiens (PCI), abgelenkt habe. Das Bekanntwerden seiner
Rettungsaktionen für die verfolgten Juden machte Bartali nun
endgültig zum Nationalhelden, allerdings entgegen seiner
eigenen Absichten: Bartali hatte nach dem Krieg nie über seine
Hilfsaktionen gesprochen, weil man «solche Dinge macht und
basta».
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