Sogar großflächige Verzierungen auf dem unteren Rücken - von vielen "Arschgeweih" genannt - treffen den Zeitgeschmack. Doch Moden können wechseln. Was gestern noch hip war, ist heute nicht mehr angesagt und morgen vielleicht peinlich. Dumm nur, wenn die Mode in und nicht auf der Haut getragen wird. Das Entfernen der Körpergemälde ist oft teuer, meist schmerzhaft, und führt leider auch nicht immer zum erhofften Ergebnis.
Die gängige Methode sei eine Laserbehandlung, erklärt Professor Percy Lehmann, Direktor der Klinik für Dermatologie, Allergologie und Umweltmedizin am Helios Klinikum Wuppertal. Befinden sich die Farbpigmente sehr tief in der Haut, stößt aber auch diese Methode an Grenzen: In solchen Fällen hilft laut Lehmann nur eine Operation, bei der das Tattoo herausgeschnitten und durch ein Hauttransplantat ersetzt wird. Ohne später sichtbare Narben geht dies aber nicht ab. Doch auch die Lasermethode ist laut Lehmann kein völlig schmerzfreier Eingriff: "Man kann Tätowierungen nicht wegpusten."
Nicht nur körperlich können ungeliebte Tattoos zur Belastung werden: Das Beseitigen der kultigen Hautbilder ist deutlich teurer als das Auftragen. Auf finanzielle Unterstützung ihrer Krankenkasse dürfen Betroffene dabei nicht hoffen: "Eine Tätowierung ist keine Krankheit und damit keine Kassenleistung", stellt Michaela Gottfried, Sprecherin des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) in Siegburg klar.
Was der kosmetische Eingriff am Ende kostet, lässt sich vor Beginn der Behandlung nicht genau sagen: "Wie viele Sitzungen notwendig sind, hängt von der Größe und der Tiefe der Tätowierung ab, und auch von den verwendeten Farben", erklärt Holger Petering, Hautarzt an der Nordseeklinik Norderney. Pro Sitzung müssten zwischen 50 und 200 Euro veranschlagt werden.
Bei einer Tätowierung befinden sich die Farbpigmente direkt unter der oberen Hautschicht. Nur dort, in der mittleren Hautschicht, bleibt das Bild dauerhaft erhalten. Weiter oben würde es mit der Zeit verschwinden, weil sich die äußere Hautschicht wie die Borke eines Baumes ständig erneuert und an der Oberfläche alte, abgestorbene Zellen abstößt.
Ziel einer Laserbehandlung ist es, mit der energiereichen Laserstrahlung punktgenau die im Gewebe eingekapselten Farbpigmente zu erhitzen und durch den entstehenden Überdruck zum Platzen zu bringen, ohne die umliegende Haut zu beschädigen. Je nach Art der zu beseitigenden Farbe verwenden die Mediziner verschiedene Laser mit Licht unterschiedlicher Wellenlänge.
Laut Petering kommen hauptsächlich drei Lasersysteme in Frage: "Für schwarze, schwarzblaue und grüne Farben sind rote Rubinlaser und Alexandritlaser gut geeignet." Bei roten Farben komme dagegen ein so genannter Neodym-YAG-Laser mit verdoppelter Frequenz zum Einsatz. "Abwehrzellen sorgen dann wie bei einer Entzündung für die Beseitigung der körperfremden Pigmentreste", erklärt Petering. Zudem bilde sich an der behandelten Hautstelle eine Kruste.
Weil die Exaktheit einer Laserbehandlung erst nach dem Abheilen der Kruste beurteilt werden kann, muss für das komplette Entfernen einer Tätowierung viel Zeit veranschlagt werden. Das Beseitigen einer Farbe kann laut Petering bis zu fünf Sitzungen in Anspruch nehmen. Zwischen den Sitzungen sollten vier bis sechs Wochen Zeit liegen - bei bunten Hautkunstwerken wird die Laserbehandlung schnell zu einer Jahresaufgabe.
Und nicht immer führt die aufwendige Behandlung zum gewünschten Ergebnis: Mitunter gelingt das vollständige Entfernen einer Tätowierung selbst nach mehreren Sitzungen nicht. Hautarzt Petering rät, noch vor Beginn der ersten Sitzung das Zusammenspiel des verwendeten Lasers mit der jeweilige Farbe zu testen: "Möglicherweise kommt es zu einem Farbumschlag." Aus einer schönen Tätowierung wird dann mit viel Aufwand bloß eine hässliche. Weitere unerwünschte Wirkungen können Vernarbungen, Ekzeme oder Hypo-und Hyperpigmentierungen sein: Die Umrisse des ursprünglichen Bildes sind dann beispielsweise als dunkler Schatten weiter sichtbar.
Tschüss Arschgeweih,
hallo Branding
Sänger Robbie Williams hat sich angeblich sattgesehen an seinen
Tattoos und würde sie am liebsten alle entfernen lassen. Eine große deutsche
Boulevardzeitung verkündete in ihrer Sonntagsausgabe gar «Bye-bye Arschgeweih»
und behauptet, dass immer mehr Mädchen sich die auffälligen Tätowierungen über
dem Steißbein wieder entfernen ließen. Weit gefehlt, glaubt jedoch Prof. Dr.
Hans-Peter Berlien, Chef der Abteilung Lasermedizin in der Elisabethklinik in
Berlin-Mitte.
«Der Boom ist leider noch nicht vorbei», so der Mediziner zur Netzeitung. Zwar würden immer mehr Menschen sich wieder von ihren Tattoos trennen wollen, gleichzeitig entstünden aber immer neue Formen von Hautverzierungen, die für Dermatologen immer schwieriger zu entfernen seien.
Derzeit angesagt seien etwa ausgefallene Tätowierungen,
die sich die Leute im Urlaub stechen ließen. Auch die sogenannte «Tribal Art»,
an Stammeskunst angelehnte, stark verwobene Muster, die später ausgesprochen
schwer zu entfernen seien, nähmen zu. Und der letzte Schrei sei eine
Körperverzierung, die lange out gewesen war: das Branding.
Solche bewusst verursachten Brandnarben seien ausgesprochen schwer zu beheben, so Berlien weiter, der sonst vor allem Unfallopfer medizinisch betreut: «Da bekommt man höchstens die Konturen wieder glatt und die Schriften leicht eingeebnet». Kompliziert mache eine nachträgliche Entfernung derzeit auch der Trend zu immer mehr oft obskur hergestellten Tattoo-Farben, die durch den Laser nur schwer oder teilweise zu entfernen seien.
So warnt der Arzt denn auch ausdrücklich vor einer übereilten Entscheidung zum Körperschmuck: «Das geht nie mehr spurlos weg. Jeder muss das wissen, bevor er sich ein Tattoo stechen lässt». Gleichzeitig sollte aber auch die Entscheidung zur (kostenintensiven und aufwändigen) Entfernung des Tätowierung gut überlegt sein. «Der Leidensdruck muss schon sehr groß sein. Sie können nämlich nie abschätzen, was nach der Laserbehandlung noch an Farben bleibt», so Berlien weiter. Oft rate er seinen Patienten sogar ab, weil abzusehen sei, dass die Verzierungen sich nur teilweise entfernen ließen und die Haut dann scheckig werde. Gerade das bei jungen Frauen so beliebte (und oft bespöttelte) «Arschgeweih» etwa sei überaus schwer zu tilgen.
«Wir wissen nicht, woran es liegt», so Berlien, gerade
dort seien Farbpartikel sehr hartnäckig. Zehn bis zwanzig Arztbesuche seien da
oft vonnöten. Eine Modeerscheinung mit fatalen Folgen also - zumal, so Berlien,
einige Tattoo-Fans ihren Schmuck schon nach nur einem Jahr wieder leid seien.
26.7.2005 Alle Rechte © 2005 NZ Netzeitung GmbH